Franziska hat mit der Agentur Wortlust bereits etliche Projekte im…
Pornografie ist etwas, das uns Menschen schon immer beschäftigt hat. Deshalb widmet sich die Porno-Wissenschaftlerin Madita Oeming in ihren Forschungen ganz der Darstellung von Sexualität und Nacktheit.
Das Internet macht es heutzutage auf unkomplizierte Weise möglich, Pornos in unbegrenztem Ausmaß zu konsumieren. Doch warum machen wir Menschen das und woher kommen unsere Vorlieben? Welche Stereotypen werden bedient? Madita Oeming versucht, diese Fragen auf wissenschaftlich fundierte Weise zu beantworten.
Wer ist Madita Oeming?
Die Kulturwissenschaftlerin Madita Oeming wurde 1986 in Bonn geboren. Sie studierte unter anderem an der Universität Göttingen „American Studies“. Dort schrieb sie auch ihre Masterarbeit über „Moby’s Dick“.
Ursprünglich wollte sie das Buch „Moby Dick“ und seine Bedeutung in der Kunst unter die Lupe nehmen. Während ihrer Recherchen stieß sie jedoch immer wieder auf pornografische Elemente, die sich um die Geschichte des Literatur-Klassikers rankten. Zum Beispiel Dildos in Walpenisform oder sexuelle Fantasien von und über Matros*innen.
Das faszinierte die damalige Amerikanistik-Studentin so, dass sie den Titel ihrer Masterarbeit kurzerhand umbenannte und sich damit das erste Mal in den Bereich der „Porn Studies“ begab.
Seitdem setzt sich die 35-jährige wissenschaftlich mit dem Themenfeld der Pornografie auseinander. Ihr aktuelles Dissertationsprojekt an der Universität Paderborn am Institut für Anglistik und Amerikanistik lautet „Porn Addiction – America’s Moral Panic of the Digital Age“. Es thematisiert den Diskurs der Pornosucht von US-Amerikaner*innen.
Madita Oeming unterrichtet mittlerweile seit mehreren Jahren „Porn Studies“ an verschiedenen Universitäten. Das Forschungsfeld selbst ist zwar noch keine eigene Disziplin, kann aber in Fächern wie Kulturwissenschaft, Gender Studies oder Soziologie behandelt werden.
Pornos als Forschungsgrundlage?
„Warum eigentlich zu Pornos forschen?“, mag sich manch einer fragen. Die Pornoforscherin hat sich genau dieses Forschungsfeld ausgesucht, da Pornografie in einem Ausmaß konsumiert wird, das wahrscheinlich noch über Netflix und Binge Watching hinausgeht. Durch das Internet sind Pornos jederzeit und vorwiegend kostenfrei verfügbar.
Doch wissenschaftlich basierte Forschung gibt es dazu kaum, dafür aber viele Vorurteile, auch von Kolleg*innen. Die meisten Menschen denken an billig produzierte „Sexfilmchen“, die keine Grundlage für professionelle Untersuchungen bieten. „Aber in ihrer Entstehungsgeschichte, Vielfalt und vor allem in ihrem kulturellen Zusammenhang wird Pornografie zu einem hochkomplexen und sehr spannenden Thema“, so Oeming.
Es lässt sich nicht leugnen, dass viele Sexfilme (gewollt) klischeebehaftet sind. Nach Oeming sollte uns aber bewusst sein, dass Pornofilme nach einem vorgegebenen Drehbuch ablaufen und ein vorgeschriebenes Setting haben. „Mir ist es wichtig, Porno nicht nur als Medium zu begreifen, sondern auch als Industrie“, erklärt die Wissenschaftlerin.
Bilder werden geschnitten, ins rechte Licht gerückt und auch die Darsteller*innen performen professionell. Dieses Medium wird bewusst für die Erregung der Zuschauer*innen produziert. Umso wichtiger ist die Auseinandersetzung und Aufklärung, also eine Medienkompetenz in Sachen Pornos.
Warum wissenschaftlicher Pornografie-Unterricht so wichtig ist
Pornos spiegeln keine reale Situation wider, daher ist ein Verständnis dieser Industrie laut Oeming so wichtig. Denn Pornofrafie wird in der Wissenschaft immer noch stigmatisiert. Es gibt in unserer aufgeklärten Gesellschaft kaum Räume, um wertungsfrei über Sex und Pornos zu sprechen.
Ungefilterter Pornokonsum kann Leistungsdruck hervorrufen, der das Verhältnis zum eigenen Körper und zu potenziellen Sexualpartner*innen stört.
Durch eine „Porno-Kompetenz“ können Sexfilme hingegen zum Ausleben der eigenen Fantasien genutzt werden, die Konsument*innen im realen Leben nicht umsetzen wollen, können oder dürfen. Verbote und Grenzen werden bei der Masturbation nicht auferlegt. Queeren- und Trans-Personen ist es dadurch möglich, sich selbst zu finden und damit auch selbst zu lieben.
Verschiedene Körper und Vorlieben werden repräsentiert, die in anderen Medien wie im Kino oder Fernsehen kaum oder gar nicht gezeigt werden. Gerade in den Lockdown Phasen der Covid-19 Pandemie boomte die Branche. Weltweit saßen Menschen in ihren Wohnungen und konsumierten Pornografie. Madita Oeming kommentierte diese Situation sehr passend: „Essen und Masturbation sind zwei zentrale Quellen von Glückseligkeit, die uns auch der Lockdown nicht nehmen kann.“
Öffentliche Anfeindungen gegen Porno-Forschung
Als öffentlich wurde, dass Oeming das Thema „Pornografie“ an der Freien Universität Berlin behandelt, wurde sie von einem virtuellen Shitstorm überrollt. Sie selbst postet viel über Twitter und wurde dort von AFD-Politikerin Beatrix von Storch angeprangert, die auch Partei-Sympathisant*innen aufhetzte: „Die Chinesen bilden Hunderte Millionen Ingenieure und Programmierer aus und an deutschen Unis schaut man Pornos. Das ist vorsätzliche Schädigung des Steuerzahlers und gezielte Verdoofung der ‚Akademiker‘“.
Doch auch von feministischer Seite gab es Kritik, die für die Pornoforscherin überraschend kam, da sie sich selbst als Feministin sieht. Zudem diene Pornokonsum auch für Frauen dazu, den eigenen Körper und die Vorlieben zu entdecken: „Wenn heterosexuelle Frauen masturbieren, ist das für mich auch immer ein Moment von Empowerment.“
Weltweit kämpfen Frauen für ihre sexuelle Freiheit. Deshalb ginge es nicht darum, Mainstream Pornos zu verbieten, sondern hochwertige, feministische Erotikfilme zu produzieren, wie es beispielsweise die Schwedin Erika Lust macht.
Pornos an der Uni studieren: Wie läuft das ab?
Ein Uni-Kurs über Pornografie, das finden die meisten jungen Menschen wahrscheinlich ziemlich cool. Aber was genau passiert eigentlich in Oemings Lehrveranstaltung „Porn in the USA“ am John-F.-Kennedy-Institut in Berlin?
„Es ist nicht so, dass ich das Licht ausmache und 90 Minuten lang ein Pornofilm läuft“, sagt Oeming. Aber in den „Porn Studies“ muss, wie in jedem anderen Forschungsfeld auch, Material gesichtet werden. Heißt in diesem Fall schlichtweg: Pornofilme anschauen.
Gezeigt werden aber keine ganzen Filme, sondern ausgewählte Sequenzen, die nach gewissen Gesichtspunkten mit kritisch-analytischem Blick betrachtet werden. Mögliche Fragen sind: „Was sehe ich?”, „Was höre ich?”, „Was wird gesagt und welche Formen von Sex und Körpern werden gezeigt?”.
Natürlich gibt es dabei besondere Herausforderungen und klar ist, dass Studierende sich erst an das Thema herantasten müssen. Es kann auch mal zu betretenem Schweigen oder Lachern kommen. Doch laut Oeming ist diese Phase rasch überwunden.
Es entstehen daraufhin fachliche Diskussionen und Ergebnisse. Die private Betrachtungsweise spielt im Seminarkontext keine Rolle und kann im Normalfall abgestellt werden. Es ist also wichtig, gewisse Grenzen bei der Arbeit mit Pornografie einzuhalten. Der Forschungsgegenstand kann so mit professioneller Distanz betrachtet werden.
Die Pornoforscherin wird dagegen auch im privaten Umfeld oder von Kolleg*innen des Öfteren nach Ratschlägen gefragt. In manchen Fällen teilt sie ihr Wissen, in anderen dagegen ist ihr das Nachfragen auch mal zu aufdringlich und unpassend. Klar ist jedoch, dass trotz aller Kritik Redebedarf besteht.
Oeming behandelt die Thematik nach aktuellen feministischen Gesichtspunkten. Dabei stellt sich nicht die Frage nach guten oder schlechten Pornos, denn „auch im Mainstream-Porno, in dem nur der Stecher gezeigt wird, kann man ein befreiendes oder feministisches Moment finden“, das untersucht werden kann.
Genderstereotype können durch Pornografie verstärkt oder aufgebrochen werden. Dabei stellt sich die Frage, wodurch diese Stereotype entstehen? Durch die Bilder, die produziert werden oder durch diese, die wir in unseren Köpfen sehen?
Offensichtlich ist, dass sich Pornofilme auch mit gesellschaftlichen Diskursen verändern. Pornografie ist also prozesshaft und es müssen aktuelle Strömungen wie Feminismus oder LGBTQ* in der Betrachtung einbezogen werden.
Eine Pionierin für pornografische Aufklärung
Madita Oeming erkannte die Bedeutsamkeit ihres Forschungsfeldes früh und ist zur Pionierin der „Porn Studies“ avanciert. Sie versucht, mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit aufzuklären und ein breites Verständnis für Pornografie und deren Vorteile zu schaffen.
Sie vernachlässigt dabei jedoch nicht die Problematiken wie Stereotype oder Suchtverhalten. Veraltet sind jedoch die Ansichten, dass Sexfilme schädlich wären und den Charakter, besonders von Frauen, verderben würden. Im Gegenteil, Frauen erobern die Branche mit feministischen Pornofilmen und schaffen sich einen Raum, der wiederum durch Oeming untersucht werden kann.
Franziska hat mit der Agentur Wortlust bereits etliche Projekte im Erotik-Bereich verwirklicht. Worte sind ihre Leidenschaft und als Texterin liebt sie es, mit ihnen Sehnsüchte und Leidenschaften zu wecken. Als erfahrene Texterin schreibt sie fernab von billiger Frivolität – ohne faden Beigeschmack – erotische Artikel mit Stil. Zur Spezialität der Agentur gehören Blogartikel und Social-Media-Content.