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Ab wann ist man sexsüchtig? Häufige Symptome und Hilfsangebote bei Hypersexualität

Ab wann ist man sexsüchtig? Häufige Symptome und Hilfsangebote bei Hypersexualität

Frau hat eine Sexsucht

Sex ist die wohl schönste Nebensache der Welt und eigentlich ist auch nichts falsch daran, sie so oft wie möglich zu genießen. Was aber, wenn Sex zur lebensbestimmenden Hauptsache wird und das Verlangen plötzlich unstillbar ist? Dann könnte eine Sexsucht vorliegen, die zum echten Problem werden kann.

Was ist Sexsucht und ab wann ist man sexsüchtig?

Als sexsüchtig werden oftmals Menschen bezeichnet, die viel Sex mit häufig wechselnden Partner*innen haben. Das kann ein Symptom für Hypersexualität sein, muss es aber nicht. Vielleicht hat er oder sie auch nur eine ausgeprägte – aber völlig normale – Libido. 

Aber wo liegt die Grenze zwischen einem regen Sexleben und einer Sexsucht?

Menschen mit Sexsucht haben nicht einfach nur viel Sex – sie haben die Kontrolle verloren. Von krankhafter Sexsucht spricht man per Definition dann, wenn der oder die Betroffene einen übergroßen Drang nach Sex empfindet und dieser dabei nichts mehr mit Nähe und Erotik, mit Spaß und Genuss zu tun hat. Es geht allein darum, den nächsten „Kick“ zu empfinden.

Mann leidet unter Hypersexualität
Hypersexualität ist eine Verhaltenssucht, die Suche nach Sex ist dabei zwanghaft und nicht von Lust geprägt. (Foto: sakkmesterke – Shutterstock.com)

Hypersexualität ist eine sogenannte Verhaltenssucht und in etwa vergleichbar mit Spiel- oder Kaufsucht. Sex versetzt den Betroffenen oder die Betroffene kurzfristig in eine Art Rausch. Dieses Hochgefühl hält jedoch immer nur kurz an. Irgendwann führt der Sex dann gar nicht mehr zur Befriedigung, was wiederum dazu führt, dass die sexuelle Aktivität noch gesteigert wird. 

Ein sexsüchtiger Mensch braucht immer mehr Sex, oft sucht dieser auch intensiveren oder ausgefalleneren Verkehr. Das Verhalten ist zwanghaft, der Trieb kann nicht unterdrückt werden. Die betroffene Person kann sich nicht mäßigen, obwohl sie leidet und das eigene Verhalten sowohl für das Privat- als auch Berufsleben negative Konsequenzen nach sich zieht. Dauert dieses Verhalten über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten an, spricht man von Sexsucht.

Ist Sexsucht eine anerkannte Krankheit?

Sexsucht ist ein ernstes Problem und Betroffene sollten sich unbedingt Hilfe suchen. Vermutet wird, dass mehr Männer davon betroffen sind als Frauen. Genaue Zahlen liegen jedoch nicht vor. 

Im Zusammenhang mit Sexsucht fallen häufig zwei Begriffe: Bei Frauen wird sie nämlich als Nymphomanie und bei Männer als Satyriasis bezeichnet. Beide Begriffe gelten mittlerweile jedoch als veraltet. Stattdessen hat sich der Fachbegriff Hypersexualität etabliert.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Hypersexualität erst 2018 zu einer anerkannten Krankheit, einer psychischen Störung, erklärt. Sie wird im ICD-10 (International Classification of Diseases) als sexuelle Funktionsstörung klassifiziert. Die Aufnahme in dieses offizielle Register erleichtert es Betroffenen, therapeutische Hilfe zu bekommen. Ab wann es sich um Sexsucht handelt, machen folgenden Symptome deutlich.

Symptome der Sexsucht

Bei Sexsüchtigen kreisen die Gedanken unentwegt um das Thema Sex und wie sie ihren nächsten „Kick“ bekommen können. Sie jagen Sex wie einer Droge hinterher und können ihr Verhalten nicht steuern. Das führt zu:

  • häufigem Sex
  • häufigem Masturbieren
  • stundenlangem Pornogucken und evtl. Pornosucht
  • ständig wechselnden Sexualpartner*innen
  • unpersönlicher Sicht auf Sex

Sex und erotische Fantasien bestimmen den Alltag und das gesamte Leben der betroffenen Person. Der Job wird vernachlässigt, Aufgaben und Interessen wird nicht mehr nachgegangen, Freunde und Familie leiden darunter und eine feste Beziehung ist so gut wie unmöglich.

Sexsucht und ihre negativen Folgen

Besonders die Partner*innen von Sexsüchtigen haben unter derem gestörten Sexualverhalten zu leiden. Sie werden oft zu häufigerem Geschlechtsverkehr gedrängt, manchmal auch zu Praktiken, zu denen sie eigentlich keine Lust haben. Frust, Schmerz und Streit sind vorprogrammiert. 

Viele Betroffene sehnen sich zwar nach einer festen Beziehung, nach Romantik und Intimität. Ihre Sucht steht ihnen dabei jedoch im Weg. Oft wird den Betroffenen der Sex mit ein und derselben Person schnell langweilig und sie gehen fremd. Häufig wechselnde sexuelle Kontakte können zu Geschlechtskrankheiten oder HIV führen.

Die gemeinsame Freizeitgestaltung eines Paares kann ebenfalls von der Sexsucht eines Partners negativ beeinflusst werden, da der Sexsüchtige beispielsweise mit Pornogucken beschäftigt oder ständig geistig abwesend ist. Gerade dies wird den Betroffenen auch häufig im Berufsleben zum Verhängnis. Da die Gedanken nur noch um das eine kreisen, können sie sich nicht mehr auf den Job konzentrieren. 

Depression gehört zu Sexsucht Symptome
Sexsucht hat negative Folgen für die Betroffenen und führt u. a. zu Unruhe und Depressionen. (Foto: Estrada Anton – Shutterstock.com)

Geldprobleme können das Resultat der übermäßigen Nutzung kostenpflichtiger Pornoseiten oder häufiger Treffen mit Prostituierten sein.

Die sexuellen Ausschweifungen halten von Verpflichtungen ab – ob im Job oder im Alltag. Kann die betroffene Person aber keinen Sex bekommen, leidet sie unter psychischen Entzugserscheinungen, wie Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit oder sogar Depressionen. Auch das macht ein Zusammenleben oder Zusammenarbeiten mit einer sexsüchtigen Person äußerst schwierig. Häufig kann Hypersexualität so zu einem gestörten Sozialverhalten führen.

Betroffene von Sexsucht neigen häufig zu Selbstvorwürfen und Selbsthass. Sie wissen, dass sie ihr Leben und das ihrer Liebsten zerstören. Je mehr sie von Selbstablehnung oder auch Versagensängsten gequält werden, desto mehr Erleichterung oder Ablenkung suchen sie aber wiederum in Sex – ein Teufelskreis.

Betroffene fühlen sich oft wie getrieben und so kann die Sexsucht im schlimmsten Fall sogar zu Kontrollverlust und kriminellen Delikten wie sexuellen Belästigungen oder sexuellen Übergriffen führen. Auch wenn Hypersexualität mittlerweile als Krankheit eingestuft wurde, kann dies keine Entschuldigung für jegliche Form des sexuellen Missbrauchs sein!

Ursachen für Sexsucht

Die Ursachen für Hypersexualität sind vielfältig. Gemein ist jedoch vielen Sexsüchtigen, dass sie mit Sex eine innere Leere füllen oder Ängste und Selbstzweifel kompensieren wollen. Sex wirkt dann wie eine Droge und aktiviert das Belohnungszentrum im Gehirn. All den negativen Gefühlen, die einen beschäftigen, kann man so für eine Weile entfliehen.

Als weitere Auslöser für Hypersexualität gelten:

  • Sexueller Missbrauch und das daraus resultierende gestörte Verhältnis zur Sexualität
  • Psychische Erkrankungen, wie beispielsweise Zwangsstörungen oder Manie
  • Körperliche Erkrankungen, wie beispielsweise ein Tumor in der Nebennierenrinde
  • Medikamente, die die Libido steigern oder die Impulskontrolle stören (beispielsweise bestimmte Medikamente, die bei Parkinson eingesetzt werden)
  • Genetische Veranlagung
  • Drogenkonsum
  • Ständige, unkomplizierte und anonyme Verfügbarkeit von Sex im Internet

Sexsucht behandeln: Was kann man tun?

Was tun gegen Sexsucht? Hilfe muss her, denn Hypersexualität schränkt nicht nur die persönliche Freiheit stark ein, sondern kann auch zu einer Persönlichkeitsveränderung führen und die Gesundheit beeinträchtigen. Im Gegensatz zu einer Behandlung von Alkohol- oder Drogensucht, ist das Ziel der Behandlung von Sexsucht keine lebenslange Abstinenz. Vielmehr steht das Wiedererlangen der Kontrolle über das eigene sexuelle Verhalten und ein normaler Umgang mit Sexualität im Vordergrund.

Abstinenz kann die Probleme nämlich nicht lösen, dazu muss man an die Wurzel des Übels. Vielleicht liegen die Ursachen für die Sexsucht in der Kindheit oder eine bipolare Störung verursacht sie, dann ist eine psychologische oder psychotherapeutische Behandlung vonnöten. 

Mann sucht Sexsucht Hilfe in Therapie
Sexsüchtige Menschen finden Hilfe u. a. durch Therapien. (Foto: Viktoriia Hnatiuk – Shutterstock.com)

Hilfe bei Sexsucht können also Therapien und/oder Medikamenten bieten, die Erfolgschancen stehen gut. Der erste Schritt muss jedoch immer von der betroffenen Person selbst ausgehen. Sie muss begreifen und akzeptieren, dass sie ein ernsthaftes Problem hat. Der eigene Leidensdruck muss so groß sein, dass der Wille zur Veränderung da ist.

Ohne diese Bereitschaft geht es nicht. Man muss sich jedoch auch im Klaren sein, dass die Behandlung langwierig ist. Ein einfaches Mittel gegen Sexsucht gibt es nicht.

Professionelle Hilfe mit einer Therapie

Hypersexualität wird zumeist in einer Verhaltenstherapie behandelt. In Einzel- oder Gruppengesprächen soll die betroffene Person verstehen lernen, welche Rolle Sex im eigenen Leben spielt. Die Ursachen für die Sucht müssen ergründet und dann gezielt behandelt werden. 

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Wie kann beispielsweise die innere Leere überwunden und gefüllt werden? Wie kann das Selbstwertgefühl gesteigert werden? Auch die Bewältigung von Ängsten und Traumata kann im Vordergrund stehen. Probleme, das sollten Sexsüchtige lernen, können durch sexuelle Stimulation zwar verdrängt, aber nie gelöst werden.

Fachärzte können begleitend zur Therapie gegen Sexsucht auch Medikamente verschreiben. Genaugenommen handelt es sich dabei aber nicht um Medikamente gegen Sexsucht – es gibt keine Tabletten, die diese heilen können. 

Zum Einsatz kommen stattdessen Arzneimittel, die den Sexualtrieb mindern oder es werden Psychopharmaka beispielsweise gegen Depressionen verschrieben, die als Ursache oder Folge der Hypersexualität auftreten können.

Unterstützung durch Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppe können eine Unterstützung sein, um die Hypersexualität zu überwinden. Sie bieten Hilfe zur Selbsthilfe bei Sexsucht, als alleinige Behandlung reichen sie aber nicht aus. In Deutschland können Betroffene Hilfe bei der S.L.A.A. finden, einer Gemeinschaft, die sich an dem Zwölf-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker orientiert. Ähnlich wie diese, streben sie nämlich auch an, sich von ihrer Sucht zu befreien und „nüchtern“ zu werden. 

Hilfe bei Sexsucht in Gruppen
Gruppen wie die Anonymen Sexaholiker bieten Sexsüchtigen und ihren Angehörigen Unterstützung. (Foto: aerogondo2 – Shutterstock.com)

Auch die Anonymen Sexaholiker bieten Sexsüchtigen und deren Angehörigen Unterstützung. Erfahrungsberichte zum Thema Sexsucht finden sich beispielsweise ebenfalls auf der Seite der Anonymen Sexaholiker, sie können Betroffenen Kraft und Hoffnung schenken.

In einem Sexsucht-Forum können Betroffene sich zudem online und anonym austauschen und ihre Sexsucht bekämpfen.

Sexsucht-Selbsttest: Bin ich sexsüchtig?

Im Internet finden sich eine Reihe von Selbsttests, die bei der Selbsteinschätzung durchaus behilflich sein können und einen Anhaltspunkt liefern, ob man von Hypersexualität betroffen sein könnte. Jedoch sollte man sich im Klaren sein, dass hier keine eindeutige Diagnose gestellt werden kann und das Ergebnis immer von einer Fachperson zusätzlich bewertet werden sollte.

Im Rahmen eines solchen Selbsttests werden häufig folgende oder ähnliche Fragen gestellt:

  • Wieviel Raum nimmt Sexualität in deinem Leben ein?
  • Welche Risiken gehst du ein, um Sex zu haben?
  • Hat dir dein Sexleben bereits Probleme bereitet? Wenn ja, welche?
  • Wie viele Sexpartner*innen hattest du schon?
  • Wie hoch ist dein Pornokonsum?
  • Wie häufig masturbierst du?

Ein ausführlicher Selbsttest findet sich auf der Homepage der Anonymen Sexaholiker. Die Fragen sind als Richtlinie gedacht, um die Anzeichen zu erkennen, die auf eine mögliche Sexsucht hindeuten.

Phasen der Sexsucht rechtzeitig erkennen

Meist wird eine Sexsucht erst spät erkannt. Häufig erst dann, wenn sie zu ernsthaften Problemen oder gar Straftaten geführt hat. 

Daher ist es wichtig, das Suchtverhalten frühzeitig zu erkennen und sich bei Bedarf in Behandlung zu begeben oder eines der anderen vorgestellten Hilfsangebote zu nutzen. 

Auch die Partner*innen können dabei helfen, die Sexsucht des oder der Betroffenen zu erkennen und ihm oder ihr beizustehen.


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