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STI-Gesellschaft warnt: Geschlechtskrankheiten wie Syphilis in Deutschland auf dem Vormarsch

STI-Gesellschaft warnt: Geschlechtskrankheiten wie Syphilis in Deutschland auf dem Vormarsch

Hand in einem blauen Handschuhe hält einen positiven Syphilis-Test

Trotz guter Aufklärung und vieler Verhütungsmöglichkeiten sind die Zahlen von sexuell übertragbaren Krankheiten in Deutschland in den letzten Jahren rasant gestiegen. Davor warnen nun die Deutsche STI-Gesellschaft sowie das Robert-Koch-Institut. Gründe könnten häufigere Sexkontakte durch Dating-Apps sein.

Von 800 auf 8.000 Fälle: Syphilis verbreitet sich in Deutschland

Ausschlag, Schmerzen, Fieber: Das sind die typischen Symptome von Syphilis, einer der am häufigsten auftretenden sexuell übertragbaren Krankheiten in Deutschland. Diese wird durch Bakterien ausgelöst und ist dadurch hochansteckend. Die Erreger können sich vom Genitalbereich oder Mund aus im gesamten Körper ausbreiten. 

Selbst, wenn die Krankheit zunächst symptomlos verläuft, können die Erreger im Körper verbleiben und nach Jahren noch zu schweren Schäden an Organen und am Nervensystem führen. Die Folge können zum Beispiel Lähmungen und Verwirrtheit sein.

Laut Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft, nimmt die Krankheit seit dem Jahr 2000 stetig zu. „Damals waren es noch 800 Fälle, heute sind es über 8.000“, erklärt er. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnet einen Syphilis-Anstieg von 5330 Fällen im Jahr 2013 auf 8.309 im Jahr 2022. 

Noch düsterer sieht es bei der Leberentzündung Hepatitis B aus, die durch das Virus HBV verursacht wird. Hier sind die Krankheitsfälle von 715 rapide auf 16.635 angestiegen. Dabei lässt sich die Krankheit durch eine Impfung sogar verhindern.

Eine gute Nachricht gibt es aber: Immerhin ist die Zahl der HIV-Neuinfektionen mit etwa 1.800 Fällen pro Jahr konstant geblieben.

Sexkontakte durch Dating-Apps als Auslöser für höhere STI-Raten?

Stellt sich die Frage: Warum stiegen die Fälle von sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) in den letzten Jahren so stark an? Dazu hat Norbert Brockmeyer eine Vermutung: „Man kann Sexkontakte über den digitalen Weg erreichen. Dadurch ist die Möglichkeit geschaffen worden, schneller Sexualkontakte zu knüpfen“, erklärt der Präsident der Deutschen STI-Gesellschaft.

Dating-Apps könnten also dafür verantwortlich sein, dass die Zahl an sexuell übertragbaren Krankheiten sowohl bei hetero- als auch homo- und bisexuellen Menschen ansteigt.

Prävention durch Kondome und Medikamente

Die beste Möglichkeit zur Verhinderung einer Ansteckung mit den meisten STIs sind Kondome. Auch regelmäßige Tests beim Arzt oder in der Heimanwendung helfen dabei, die Weitergabe von Krankheiten zu verhindern. Gerade bei häufigem Partner*innenwechsel oder bei Swingerclub-Besuchen gelten regelmäßige Tests als sinnvolle Prävention. Gegen manche Erreger wie Hepatitis B oder bestimmte Formen von Humane Papillomviren gibt es zudem Impfungen.

Gegen bestimmte Krankheiten wie Syphilis oder Chlamydien stehen außerdem vorbeugende Medikamente zur Verfügung. Zum Beispiel das Antibiotikum „Doxy-PrEP“ für Personen mit häufigen ungeschützten Sexualkontakten. Allerdings sollte von einer regelmäßigen Einnahme aufgrund der Nebenwirkungen abgesehen werden.

Silke Klumb von der Deutschen Aidshilfe warnt außerdem vor dem unachtsamen Umgang mit solchen Medikamenten, zu denen auch eine Prä-Expositionsprophylaxe zur Vorbeugung von HIV-Infektionen zählt. Denn durch die Einnahme würde häufiger auf das Kondom verzichtet werden, wodurch das Risiko für andere STIs wieder steige.

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Aufklärung gegen sexuell übertragbare Krankheiten

Laut Johannes Breuer von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schätzen viele Menschen ihr persönliches Risiko, an einer STI zu erkranken, deutlich geringer ein, als es ist.

„Obwohl die Chlamydien-Infektion die häufigste bakterielle STI in der Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist, schätzen nur acht Prozent der Befragten ihr Risiko als (absolut) wahrscheinlich ein“, erklärt er.

Deshalb ist Aufklärung zur Vorbeugung von sexuell übertragbaren Krankheiten in allen Altersgruppen essentiell. Dafür plädiert auch Präsident Brockmeyer. Denn, obwohl die höchsten Raten an STIs wie etwa Chlamydien in jüngeren Jahren auftreten würden, seien auch bei den über 55- bis 60-Jährigen hohe Raten vorhanden.

Dazu kommt die Tücke vieler Krankheiten. „Die meisten STIs machen zu 80 Prozent keine Symptome“, erklärt er. Dadurch gingen viele Betroffene nicht zum Arzt. Umso wichtiger seien deshalb Heimtests für sexuell übertragbare Krankheiten, die über Online-Shops und Gesundheitsämter zugänglich gemacht werden sollten. Im Moment sind diese mit etwa 49 bis 120 Euro, je nach Test, nicht gerade erschwinglich.  

Dabei ist Vorsorge so wichtig: „Alle Menschen sollen das Wissen und die Möglichkeit haben, gut für sich und ihre sexuelle Gesundheit zu sorgen. Dazu gehören unterstützende Angebote zur Gesundheitsförderung und Prävention“, gibt Brockmeyer zu bedenken.


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