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Weg mit der Freierbestrafung: Kampagne fordert Rechte und Respekt für Sexarbeit

Weg mit der Freierbestrafung: Kampagne fordert Rechte und Respekt für Sexarbeit

Weg mit der Freierbestrafung Kampagne fordert Rechte und Respekt für Sexarbeiter

Das Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchGes) von 2001 sicherte erstmals Sexarbeitenden einen Anspruch auf Lohn zu. Bordelle konnten endlich offiziell als solche geführt werden – die Prostitutionsbranche näherte sich der Wirtschaft an. Doch schon das neue ProstSchGes von 2016 bedeutete mit der Einführung der regelmäßigen gesundheitlichen Pflichtberatung und -Registrierung von Sexarbeitenden wieder einen Rückschritt. Die Neufassung des § 232a Abs. 6 Strafgesetzbuch (StGB) brachte für den Bundesverband sexueller Dienstleistungen e.V., kurz BSD, schließlich das Fass zum Überlaufen.

Petition fordert Ende der Verbotspolitik für Prostituitionsbranche

Pünktlich zum internationalen Hurentag am 2. Juni 2022 startete der BSD eine Kampagne, die die völlige Gleichstellung von Sexarbeitenden und anderen Branchenangehörigen mit anderen Erwerbstätigen und Wirtschaftszweigen fordert. Im Rahmen der Kampagne ging auch eine Petition an den Start. Diese soll ein Zeichen gegen wirkungslose und stigmatisierende Verbotspolitik setzen und zur Abschaffung der Neufassung des § 232a Abs. 6 StGB beitragen.

§ 232a Abs. 6 StGB: Generalverdacht gegen Freier oder Schutz für Prostituierte?

Die Neufassung des „Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings sowie Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Zwangsprostitution“ unter Verschärfung des § 232a Abs. 6 StGB soll Sexarbeitende vor Zwangsprostitution schützen: Freier sollen mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, wenn sie „leichtfertig” sexuelle Dienstleistungen eines „Menschenhandelsopfers“ oder einer „Zwangsprostituierten“ in Anspruch nehmen. 

Der BSD und seine Mitglieder prangern den Begriff „leichtfertig” an – denn kein Freier kann wissen, ob der Sexarbeiter oder die Sexarbeiterin freiwillig arbeitet oder ob sie oder er in Not ist. Damit stellt die Neufassung des Gesetzes alle Kund*innen unter Generalverdacht. In der laufenden Kampagne wird diese Gesetzesänderung als Prostitutionsverbot durch die Hintertür wahrgenommen, das  Sexarbeitende in die Illegalität treiben kann. Zudem wollen Prostituierte keine Kriminalisierung und Diskriminierung ihrer Freier durch dieses Gesetz hinnehmen.

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Forderung: Echter Opferschutz und Gleichstellung statt Diskriminierung 

Die Petition „Bring das in Ordnung” unterstützt die Verfassungsbeschwerde zweier Kunden gegen die Verschärfung der „Freierstrafbarkeit“ in § 232a Abs. 6 Satz 2 StGB beim Bundesverfassungsgericht. Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution sollen künftig echten Schutz erfahren und Sexarbeitende, Freier und Bordellbetreibende sollen nicht kriminalisiert werden. Laut BSD sind die Fallzahlen beim Menschenhandel rückläufig und stehen nicht in Zusammenhang mit sexuellen Dienstleistungen – das macht die Neufassung des Gesetzes unbrauchbar. Die Beschränkungen der Corona-Pandemie hätten gezeigt, dass es bei Bordellschließungen und Prostitutionsverboten zu erhöhter Gewalt an Sexarbeitenden gekommen sei und die Kriminalität zugenommen habe. 

Der BSD fordert in seiner Pressekonferenz daher unter anderem Respekt und Anerkennung für Sexarbeit als Teil des Wirtschaftslebens, die Aufhebung aller Sondergesetze und die Aufhebung der regelmäßigen Registrierungs- und Beratungspflichtpflicht für Sexarbeiter*innen im ProstSchG. 


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