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Keine Lust auf Sex? Das steckt hinter dem Libidoverlust

Keine Lust auf Sex? Das steckt hinter dem Libidoverlust

Paar hat Libidoverlust

Du hast keine Lust auf Sex, während alle anderen scheinbar immer „wollen”? Kennst du diese Gedanken? Sexuelle Unlust ist ein Thema, über das kaum jemand offen spricht, besonders wenn es gerade im Bett nicht läuft und die Lust auf dem Nullpunkt ist. Aber was steckt dahinter, wenn Lust und Verlangen ausbleiben?

Was bedeutet sexuelle Unlust?

„Libido” ist der wissenschaftliche Begriff für den allgemeinen Sexualtrieb einer Person und beschreibt den Grad des Verlangens, den du nach Sex hast. Dieser lustvolle Trieb lässt sich jedoch nicht rein biologisch erklären, sondern wird als bio-psycho-soziales Phänomen gesehen. Das bedeutet, dass der Sexualtrieb sowohl von biologischen, psychologischen, sozialen und umweltbedingten Faktoren beeinflusst wird.

Wenn deine Libido schwindet oder du plötzlich keine Lust mehr auf Sex hast, dann wird dieser Zustand auch als sexuelle Lustlosigkeit, verminderte Appetenz oder Appetenzstörung bezeichnet. Diese kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein, dauerhaft bestehen oder nur vorrübergehend sein. 

Bleibt die Lust auf Sex beim Mann oder der Frau ganz aus, dann liegt eine generelle Libidostörung beziehungsweise ein dauerhafter Libidoverlust vor.

Keine Lust auf Sex – was ist „normal”?

Sexuelles Verlangen ist subjektiv! Was ein Mensch mit „viel Lust auf Sex” beurteilt, ist für den anderen zu wenig. Aufgrund dieser Subjektivität ist es schwer zu sagen, wann sexuelle Unlust „normal” ist und wann sie als Problem gilt. Die Bewertung hängt zumeist von dem oder der Betroffenen selbst ab. 

Sexuelle Unlust Frau
Sexuelle Unlust wird dann zum Problem, wenn du deswegen Leidensdruck verspürst (Foto: fizkes – Shutterstock.com)

Vereinfacht lässt sich aber sagen, dass sexuelle Unlust dann zum Problem wird und auch als psychische Erkrankung diagnostiziert wird, wenn du einen Leidensdruck verspürst und den Wunsch hast, etwas an deiner verminderten Libido zu ändern. 

Wann etwas normal ist und wann Handlungsbedarf besteht, hängt also letztendlich von deinem persönlichen Empfinden und deinen sexuellen Wünschen ab. Wenn du deine Sexualität nicht so ausleben kannst, wie du es gerne möchtest, weil du körperlich oder emotional nicht genügend erregt bist, dann solltest du dir professionelle Hilfe holen. 

Reality Check – Sexuelle Unlust bei Frauen und Männern

Eine Umfrage der „Psychologie heute“ ergab, dass 47 Prozent der deutschen Paare nur dreimal im Monat Geschlechtsverkehr haben und fast die Hälfte aller Pärchen lebt wochenlang gänzlich ohne Sex. Bereits nach 2 bis 4 Jahren fester Partnerschaft, wenn die anfängliche Verliebtheitsphase vorbei ist und zunehmende Routine in den Alltag einkehrt, lässt die sexuelle Lust nach

Der Neurowissenschaftler Klusmann weist in seinen Untersuchungen mit 2000 Studenten-Paaren zwischen 19 und 32 Jahren nach, dass nach 6 Jahren Beziehung die sexuelle Lustlosigkeit bei Männern um 40 Prozent und bei den Frauen um 80 Prozent deutlich angestiegen ist

Verschiedene Umfragen und Studien legen nahe, dass ungefähr 30 Prozent aller Frauen zwischen 18 und 59 Jahren mangelndes Interesse am Sex zeigen. Damit belegt der Libidoverlust Platz Nummer eins der sexuellen Funktionsstörungen beim weiblichen Geschlecht. Bei Männern sind je nach Altersgruppe 14 bis 17 Prozent betroffen. 

Keine Lust auf Sexualität zu haben ist ein generations- und geschlechterübergreifendes Phänomen, das bei Menschen innerhalb und auch außerhalb von Partnerschaften auftritt. 

Gründe, warum dein Partner oder deine Partnerin kein sexuelles Interesse mehr hat

Die Gründe für sexuelle Unlust sind vielfältig und sehr individuell. Einige Ursachen betreffen alle Geschlechter gleichermaßen, andere sind geschlechtsspezifisch geprägt. Es gibt Lebensphasen und -herausforderungen, bei denen sexuelle Lustlosigkeit normal ist. Das Phänomen „sexuelle Unlust” hat sowohl körperliche, psychische als auch partnerschaftliche Ursachen, die oft zusammenkommen und zu Ungleichgewicht im sexuellen Verlangen führen.

Sexuelle Unlust im Alter

Mit zunehmenden Alter kann es sein, dass das sexuelle Verlangen nachlässt. Die hormonelle Situation des Körpers verändert sich und die nötigen Sexualhormone fehlen. Das führt dazu, dass bei Männern die Erektionsfähigkeit nachlassen kann und bei Frauen kann es zu Scheidentrockenheit kommen, die zu Schmerzen führen kann.  

Sexuelle Unlust bei Männern ab 50 Jahren
Mit zunehmendem Alter ist es durchaus „normal”, dass das sexuelle Verlangen nachlässt (Foto: Photographee.eu – Shutterstock.com)

Das heißt aber nicht, dass ältere Menschen prinzipiell weniger Lust auf Sexualuität haben! Die „Best Ager” sind auch nicht unglücklicher mit ihrem Sexleben als junge Menschen. Eine Studie ergab, dass 73 Prozent der Befragten im Alter 65 bis 80 Jahren glücklich mit ihrem Sexualleben sind. Dabei steht nicht nur die sexuelle Quantität im Vordergrund, sondern auch Zärtlichkeit, Berührungen und Intimität spielen in der Sexualität eine große Rolle. 

Libidoverlust durch körperliche Ursachen

Wenn dein sexuelles Desinteresse bereits länger anhält oder ganz plötzlich auftritt, handelt es sich laut der Sexualtherapeutin Dr. Sievers meist um Ursachen, die medizinisch abgeklärt werden sollten. Bevor du dich also deiner Libidostörung widmest, solltest du ernste körperliche Erkrankungen ausschließen lassen. Zu den körperlichen Gründen für eine sexuelle Unlust gehören

  • Neurologische Störungen
  • Diabetes
  • Nierenerkrankungen
  • Drogensucht
  • Bluthochdruck
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Autoimmunerkrankungen
  • Arteriosklerose
  • Eisenmangel
  • Fettleibigkeit

Wenn sich parallel zu einer verminderten Libio auch Symptome wie Schlafstörungen, häufige Müdigkeit, Depressionen, Angststörungen oder Inkontinenz äußern, solltest du dringend einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.

Psychische Ursachen sexueller Unlust

Psychische Krankheiten und die damit verbundene Medikamententherapie können einen Einfluss auf dein Sexualleben haben und deine Libido hemmen. Zu den psychischen Erkrankungen, die deine Lust auf Sex zunichtemachen können, zählen unter anderem Depressionen, Burn-out oder Angststörungen. Antidepressiva können nachweislich als Nebenwirkung eine Minderung oder den Verlust der Libido verursachen, der sogar noch nach dem Beenden der Einnahme anhalten kann.  

Paar hat keine Lust auf Sex
Probleme in der Partnerschaft können zu sexueller Unlust führen (Foto: Prostock-studio – Shutterstock.com)

Gibt es in deiner Partnerschaft Probleme und Unstimmigkeiten, dann spiegelt sich das auch in deiner Sexualität wieder. Läuft deine Beziehung nicht, kommst du auch nicht richtig auf Touren. In eingefahrenen Beziehungsmustern mit fester Dynamik entwickelt sich dann oft ein Teufelskreis aus Schuld und Leistungsdruck – besonders im Bett. Das verstärkt die sexuelle Unlust und ist schwer ohne professionelle Hilfe in Form einer Beratung oder Paartherapie zu durchbrechen. 

Auch wenn es in deiner Beziehung gut läuft und ihr viele Jahre bereits glücklich zusammen seid, kann es zu einer Libido-Flaute kommen und du fragst dich, warum dein Freund oder deine Freundin keine Lust auf Sex (mit dir) hat. Die Lust auf Sex ist nie dauerhaft gleich stark – auch nicht in Partnerschaften. So kann sie manchmal nachlassen, zeitweise verschwinden und wieder aufflammen. 

Unerfüllte sexuelle Wünsche, ein zu großer Erwartungsdruck an sich selbst und dem oder der anderen gegenüber, Zeitmangel und Stress oder auch eine generelle Bindungsangst sind Faktoren, die sich negativ auf die Entfaltung der Libido auswirken. Aber auch klassische und ungewollte Rollenbilder in eurer Beziehung können echte Lustkiller sein. Die Erwartungen an die eigene Rolle, beruflicher und privater Druck führen zu einer Dauerbelastung, die schlichtweg keinen Raum für Sexualität und Leidenschaft lässt. 

Libidoverlust bei der Frau – wenn SIE keine Lust auf Sex hat

Zu den körperlichen Ursachen einer sinkenden Libido bei Frauen zählen vor allem hormonelle Veränderungen im weiblichen Körper. Die treten vor allem in der Schwangerschaft, nach einer Geburt und auch in den Wechseljahren auf. Nimmst du als Frau die Anti-Baby-Pille, kann das ebenfalls deine Libido hemmen. Sie enthält das Hormon Östrogen und bindet in der Leber Testosteron. Die Folge kann eine sexuelle Lustlosigkeit sein. 

In Absprache mit deiner Gynäkologin kann ein Wechsel der Pille oder der Umstieg auf eine nicht-hormonelle Verhütungsmethode die sexuelle Lust wieder steigern. Aber auch Schmerzen beim Sex, die durch anatomische Besonderheiten oder Geschlechtskrankheiten verursacht werden, mindern deine Lust auf Sex. 

Sind psychische Ursachen der Grund für deine Unlust im Bett, dann zählen dazu vielleicht ein unerfüllter Kinderwunsch, zu wenig Selbstliebe oder Unzufriedenheit mit dir selbst und deiner Lebenssituation. Aber auch Dauerstress im Job und der „neue” Alltag mit einem Neugeborenen können deine Lust auf Sex (vorrübergehend) mindern. Zudem können Traumata und negative Erfahrungen in deiner Sexualität zu einer generellen Libidostörung führen.

Libidoverlust beim Mann – wenn ER keine Lust auf Sexualität hat

Libidoverlust Mann
Potenzprobleme oder Erektionsstörungen können Gründe sein, warum Männer sexuelle Unlust verspüren (Foto: fizkes – Shutterstock.com)

Entgegen dem Klischee, dass „Mann immer kann und Lust hat”, leiden auch Männer unter sexueller Unlust. Zu den körperlichen Ursachen gehören Potenzprobleme, Erektionsstörungen und ein abnehmender Testosteronspiegel. Die Gründe für diese Probleme sind vielfältig und können medizinischer Natur oder emotional bedingt sein.

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Sex-Fasten

Wenn du als Mann keine Lust auf Sexualität hast, dann kann das auch an einem übermäßigen Porno-Konsum liegen. Dadurch entsteht ein Spannungsfeld zwischen virtueller Realität und gelebter Sexualität in der Partnerschaft. 

Männer konsumieren durchschnittlich bis zu 70 Minuten pro Woche Pornos. Nur 65 Prozent dieser Männer stuften den Sex mit ihrer Partnerin als erregender ein als das, was sie in Pornofilme sehen. 23 Prozent der Befragten unter 35 Jahren klagten über Erektionsstörungen aufgrund von zu viel „Porn” im Alltag. Laut dem Magazin „Focus“ hat jeder fünfte Mann in Deutschland Angst davor, den sexuellen Ansprüchen der Partnerin nicht gerecht zu werden. Befriedigung auf Mausklick? So läuft es im realen Leben nicht.

Wenn du dir realistische und sexpositive Inspirationen für dein Sexleben holen möchtest, dann versuch es mit alternativen Erotikfilmen oder Frauen-Pornos statt mit Mainstream-Pornos!

Was kannst du gegen sexuelle Unlust tun?

Zuerst solltest du herausfinden (lassen), was die Ursache für deinen Libidoverlust oder dein sexuelles Tief ist. Je nach Ursache und Vorgeschichte funktionieren unterschiedliche Hilfs- und Therapieansätze im medizinischen, therapeutischen, psychiatrischen oder pädagogisch-beratenden Bereich.

Hält deine Lustlosigkeit länger an und leidest du darunter, solltest du einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen oder zertifizierte Sexualtherapeut*innen für eine erste Diagnostik konsultieren. Für den Behandlungserfolg ist eine genaue Diagnostik entscheidend, die die individuelle Ursache deines Libidoverlustes klärt.

Wie wird ein Libidoverlust diagnostiziert? 

Zuerst führt die behandelnde Person eine ausführliche Anamnese durch, in der du nach deiner Vorgeschichte und deiner momentanen Lebenssituation befragt wirst. Anhand dieser Informationen beurteilt der Arzt oder die Ärztin dein sexuelles Verlangen unter Berücksichtigung deines Alters und deiner Lebensumstände. 

Beim Psychologen über Libidoverlust sprechen
Ärzt*innen beurteilen anhand einer Befragung und weiterer Faktoren das sexuelle Verlangen von Patient*innen (Foto: Dmytro Zinkevych – Shutterstock.com)

Dieses Gespräch soll auch andere mögliche Ursachen, wie die Einnahme von Medikamenten oder andere sexuelle Störungen ausschließen. Wenn körperlich-organische Ursachen ausgeschlossen werden können, bieten sich psychologische und psychotherapeutische Therapieansätze an.

Mögliche Behandlung von sexueller Unlust 

Körperliche Ursachen sind meistens gut zu behandeln, indem du zum Beispiel durch Medikamente oder einen Wechsel der Anti-Baby-Pille Einfluss auf den Testosteronspiegel nimmst oder Arzneien wegen einer anderen bestehenden Erkrankung wechselt. 

Bei psychischen Problemen bieten sich psychotherapeutische Behandlungsformen an. Bist du sexuell unzufrieden und möchtest gemeinsam und bewusst die gelebte Sexualität in deiner Partnerschaft gestalten, dann kannst du es mit einer Sexualtherapie versuchen. Eine Paartherapie ist sinnvoll, wenn die Probleme in der Partnerschaft außerhalb der Sexualität liegen und du an der Beziehung, dem eigenen Verhalten und der Kommunikation arbeiten möchtest. 

Neben psychotherapeutischen Angeboten gibt es natürlich auch andere Möglichkeiten, um wieder mehr Lust auf Sex zu bekommen. Es gibt Tabletten und Medikamente für die Frau (und den Mann) gegen sexuelle Unlust und auch Hausmittel können Abhilfe schaffen. Für Männer gibt es aktuell mehr Mittel gegen sexuelle Unlust in der Apotheke als für Frauen. Hilfreich sind aber auch pflanzliche und homöopathische Mittel, die besonders in den Wechseljahren geeignet sind. Dazu solltest du einen Heilpraktiker oder eine Heilpraktikerin aufsuchen.   

Und am wichtigsten ist wohl, nicht die Nerven zu verlieren, Geduld zu haben und dich selbst so anzunehmen, wie du bist, auch in einer längeren Phase der Lustlosigkeit!


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